Wir wollen gute Studienbedingungen - unser Rektorat aber nicht!
Die Aktion Atelier 24/7, ein Zusammenschluss der Architekturstudierenden der HTWK Leipzig, hat sich zum Ziel gesetzt, sich für eine Öffnung der Architektur-Ateliers 24/7 einzusetzen. Der StudierendenRat der HTWK Leipzig steht solidarisch hinter ihnen.
Es ist keine Seltenheit für Architekturstudierende, bis 24 Uhr im Atelier der HTWK Leipzig zu arbeiten - denn hier werden mit viel Leidenschaft kreative Projekte entwickelt, die durch ihren lauten und dreckigen Arbeitsprozess viel Zeit und geeignete Arbeitsräume benötigen. Die Ateliers des Studienganges Architektur an der HTWK Leipzig sind bestens dafür geeignet, doch der notwendige 24/7- Zugang für Studierende wird seitens des Rektorats verwehrt.
Architektur als Designstudiengang unterscheidet sich von klassischen Studiengängen nicht nur in der Lehre, sondern vom Lernen an sich. „Schon nach meinem 1. Semester wurde mir bewusst, wie viel Zeit so ein Architekturstudium braucht. Das ist aber nicht so, weil wir übermäßig viele Vorlesungen und Seminare haben. Die meiste Zeit sitzen wir freiwillig im Atelier und arbeiten selbstständig an unseren Projekten, weil man eben das meiste durch „Learning By Doing”, also Lernen durch Anwenden, aneignet”, erklärt Lena Enders, ein*e Bachelorstudierende*r aus dem vierten Semester. „Zum Beispiel skizzieren wir ständig, bauen Modelle, um unsere Ideen besser nachvollziehen zu können, und vor allem stehen wir auch ständig im gegenseitigen Austausch: Wir helfen einander und wir lernen voneinander - auch semesterübergreifend. Das kann natürlich nur so passieren, wenn wir 24/7 - also immer - in unsere Ateliers kommen. Jedoch verbietet uns das Rektorat, die Ateliers am Wochenende und nachts zu nutzen.”
Die Zugangsproblematik wirkt sich hierbei sehr vielfältig aus. Lyubomyr Tartakovskyy, ein Bachelorstudierender aus dem neunten Semester meint dazu: „Unser Studium ist arbeitsintensiv und wir investieren die Zeit bereitwillig, doch die fehlende Arbeitsmöglichkeit am Wochenende und nachts stellt für uns eine vermeidbare Herausforderung dar. Aussagen, dass es nicht wieder einen 24/7-Zugang geben wird, nur weil es vor Corona so war, sind für mich, der beide Zustände kennt, unverständlich. Ich sehe den Schaden, der an meinem Studiengang durch die begrenzte Nutzung der vorhandenen Arbeitsräume hervorgerufen wird. Das Einschränken des Selbststudiums ist meiner Meinung nach ein schwerer Schlag gegen die Qualität der Ausbildung von Architekt*innen an der HTWK Leipzig. Für viele von uns ist die pragmatische Lösung, unser Studium unfreiwillig in die Länge zu ziehen. Meine Kommiliton*innen, die bereits Eltern sind oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, sind dabei zusätzlich belastet. Außerdem darf die finanzielle Notlage der Studierenden nicht außer Acht gelassen werden. Viele Studis sind auf Nebenjobs angewiesen, die Werktage in Anspruch nehmen.
Ich kann bei mir Zuhause keine Holzmodelle bauen oder etwas aus Beton gießen. Ohne einen großen Arbeitstisch oder die nötige technische Ausstattung ist das Arbeiten für mich nur in den Ateliers möglich, bei Gruppenprojekten erst recht. Damit bin ich nicht allein, was die Organisation der Aktion Atelier 24/7 bestens verdeutlicht.”
Eric Siebenaller, ein Bachelorstudierender aus dem vierten Semester berichtet, wie der Lösungsansatz des Rektorats aussah: „Unserem Dekanat war und ist die Problematik natürlich bewusst, und deswegen hat es bereits im Juli 2022 versucht, eine Lösung über den offiziellen Hochschulweg zu gehen. Sie haben es geschafft, dass das Rektorat eine Arbeitsgruppe zum Thema ‘Öffnungszeiten der Architektur-Ateliers’ gründet. Enttäuschend war aber dann die Nachricht, dass neben der Kanzlerin und dem Dekanat nur zwei Studierende anwesend sein sollten. Einer davon war ich. Bei den Treffen der Arbeitsgruppe wurde meine Enttäuschung nur noch größer: Wir zwei Studis haben uns eigentlich nur wie Deko gefühlt. Unser dringender Bedarf für die 24/7-Öffnungszeiten schien nicht ernst genommen worden zu sein. Immerhin konnte unser Dekanat eine Erweiterung der Öffnungszeiten von 6 bis 22 Uhr (werktags) auf 6 bis 24 Uhr (werktags) aushandeln. Am Wochenende sollen unsere Ateliers weiterhin geschlossen bleiben. Danach hat das Rektorat deutlich gemacht, dass die Verhandlungen hiermit vorbei sind… und so kam es dann auch: Das Rektorat schien zufrieden - wir Studis dürfen darunter leiden."
Weiterhin führt Eric aus: „Als wir nach dieser Entscheidung im Juli 2022 so langsam realisiert hatten, dass es das jetzt ist - das Rektorat hat damit abgeschlossen und sieht keinen weiteren Gesprächsbedarf - da merkten wir Studis, dass wir keine andere Wahl haben, als uns selbst zu organisieren.”
„So wurde zum Beginn des neuen Semesters im Oktober 2022 die Gruppe ‘Aktion Atelier 24/7’ als Zusammenschluss der Architekturstudierenden ins Leben gerufen”, meint Mina Raschiatore, Bachelorstudierende in ihrem vierten Semester. „Hier war unser erstes Ziel, in einer Vollversammlung aller Architektur-Studis aufzuzeigen, was bisher überhaupt passiert ist. Denn der bisherige Prozess mit dem Rektorat schien der Aktion Atelier 24/7 viel zu intransparent und ließ jeden Studi, der nicht schon involviert war, im Dunkeln stehen. Wir starteten eine Petition, für die wir bisher 266 Stimmen gesammelt haben. Zusammen mit konkreten Forderungen schickten wir diese dann am 11. Mai 2023 an das Rektorat.
Mehr als eine Eingangsbestätigung haben wir aber bis zum heutigen Tage nicht bekommen. Stattdessen wurde unser Dekanat informiert, dass die Arbeitsgruppe - die aus der Kanzlerin, dem Dekanat und den zwei Studis besteht - ihre Arbeit wieder aufnehmen soll. Der direkte Kontakt mit uns Studis wurde bis heute nicht aufgenommen. Das sehen wir als eine eindeutige Nachricht an uns - es geht hier weiterhin nicht darum, eine konstruktive Lösung zusammen mit uns Studierenden zu finden. Deshalb sehen wir uns gezwungen, der Öffentlichkeit die Missstände aufzuzeigen, solange sie anhalten. Damit fangen wir am 6. Juni 2023 ab 9 Uhr vor dem Lipsius-Bau der HTWK Leipzig mit einer Protestaktion an. Wir wollen nach außen zeigen, wie wir arbeiten und auf unsere Situation aufmerksam machen.”
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Die Aktion Atelier 24/7 ist ein Zusammenschluss der Studierenden des Studienganges Architektur an der HTWK Leipzig.